Zuchtversuche Botia macrachanthus

Wie man Prachtschmerlen züchten kann, darüber haben sich Generationen von Aquarianern die Köpfe zerbrochen. Ein wirkliches Erfolgsrezept scheint es hier nicht zu geben, obwohl mehrfach von erfolgreichen Eiablagen und Spontanvermehrung berichtet wurde.

Ich will kein Erfolgsrezept versprechen, durch meine Arbeit mit den Schmerlen habe ich viele Kontakte zu Aquarianern, die durch Zufälle zu solchen Zufallszuchten kamen. Durch diverse Nachfragen inspiriert habe ich hier mal versucht, die Berichte über solche Spontanvermehrungen aufzuschlüsseln und Besonderheiten und Gemeinsamkeiten bei diesen Ereignissen zusammenzubringen, daraus logische Schlüsse zu ziehen....

Der Grundstock:
Es gibt zwei Herkunftsgebiete von Prachtschmerlen, einmal Borneo und zum Anderen Sumatra. Diese Tiere beider Herkunftsgebiete sind unterschiedlich scheu, die aus Borneo stammende Art soll Berichten zu Folge weniger Scheu sein - sie eignet sich daher besser für Zuchtversuche. Die meisten Prachtschmerlen, die man hier im Zoogeschäft kaufen kann werden hauptsächlich in Sumatra gefangen. Ob es sich bei den aus Sumatra oder Borneo gefangenen Prachtschmerlen um eine jeweils eigene Art handelt, konnte noch nicht geklärt werden, doch unterscheiden sie sich minimal. Die aus Sumatra stammende Botia zeigt zwischen dem letzten schwarzen Querstreifen und der roten Schwanzflosse, einen beigefarbenen Körperbereich, wärend bei den aus Borneo stammenden Botien der schwarze Bereich in den roten der Schwanzflosse direkt ineinander übergeht.
Es ist eine alte Schulweisheit in der Fischforschung, das sich einmal in Gefangenschaft vermehrte Fische bzw. deren Nachwuchs leichter zur Paarung verleiten lassen als Wildfänge, die Kombination und der Grundausgangspunkt für eine mögliche Vermehrung wäre also, in Gefangenschaft aufgewachsene Prachtschmerlen aus Borneo in einem Aquarium zu pflegen.

Das Aquarium:
Die wichtigste Frage ist immer, wie der Lebensraum auszusehen hat. Ein für Schmerlen optimales Aquarium muss flexibel sein, denn wer die Seite www.schmerlen.de aufmerksam gelesen hat, der weiss, Schmerlen gehen auf Laichwanderung und machen auf ihrer Reise durch die verschiedenen Abschnitte viele Veränderungen durch.
So muss das Aquarium als Grundbedürfnis zunächst möglichst lang und möglichst breit sein, Schmerlen sind Bodenfische und sie finden dort ihr Futter - im und auf dem Boden. In den Heimatgewässern sind die Flüsse nur stellenweise bewachsen, Schmerlen lieben schattige Bereiche und stärkere Strömungen, in der Natur wird das Wasser durch die am Ufer stehenden Bäume und Gräser beschattet, die durch den Fluss freigespülten Wurzel bieten viele Versteckmöglichkeiten vor Fressfeinden.
Das Fazit: Ein Becken mit den Grundmassen (LxBxH)200cm x 70cm x 40cm (wobei Länge und Breite ruhig wesentlich größer sein dürfen !) einer stellenweise starken Strömung, vielen verzweigten Wurzeln als Versteckmöglichkeit, feinem Sand und weichem Lehmboden an den strömungsarmen Stellen, groben Kies und große Steine an den strömungsreichen Stellen, das Wasser weich und leicht Torfsauer, spärliche Bepflanzung - dies alles soll den Ausgangspunkt darstellen, in diesem Habitat verbringen die Schmerlen die meiste Zeit des Jahres.

Die Jahreszeiten:
Die Laichzeit der Prachtschmerle B.macrachanthus liegt in der Regenzeit, also von Dezember bis Januar, in unserem Winter also. In der natürlichen Umgebung bedeutet die Regenzeit für die Prachtschmerle eine gravierende Veränderung des Lebensraumes, so werden durch die starken Regenfälle bedingt die Strömungen in den Flüssen stärker, der Wasserstand steigt, das Wasser wird kühler und die Leitfähigkeit verändert sich, der Fluss überflutet weite Teile der sonstigen Uferböschungen und reisst Laub, Holz und jede Menge Insektenlarven mit sich, die nun den Schmerlen als Eiweissreiche "Kraftnahrung" dienen. Die Schmerlen wandern dem Strom ein gutes Stück entgegen, viele sogar bis zu den Ursprüngen der Bäche, um dort die Paarung zu vollziehen und ihre Eier im Laub und unter Wurzeln oder anderen Verstecken abzulegen. Einigen Berichten zu Folge soll das Weibchen eine Zeit lang auf der Mulde, die weiterhin als Nest bezeichnet wird, wachen, um die Eier vor Fressfeinden zu beschützen. Während dieser Zeit nimmt es kaum Nahrung zu sich. Die Eier sollen weisslich-gelb bis hellgrün sein und etwa 2-3 mm Durchmesser haben, bei einem Laichakt landen 15-20 dieser Eier in einem Nest. Nach ca 14 Tagen sollen sich aus diesen Eiern Larven entwickelt haben, die sehr rasch heranwachsen und bereits im April (Also ungefähr 4 Monate nach Beginn der Laichwanderung) berichten einheimische Fischer von kleinen Jungfischschwärmen, die Flussabwärts ziehen und in den Müngungsgebieten von Nebenarmen die ersten Monate ihres Lebens verbringen.

Die Simulation:
Soweit die spärlichen Informationen, zusammengetragen aus Berichten, Büchern und diversen Gesprächen und E-Mails von anderen Aquarianern - doch nun zu dem Hauptproblem:
Gehen wir davon aus, das sich die Prachtschmerlen am einfachsten zum Ablaichen bewegen lassen, wenn wir ihnen ihren natürlichen Lebensweg nachahmen, so müssen wir zumindest bei der Nachahmung der Laichwanderung tief in die Trickkiste greifen ! Zunächstmal muss der Zeitpunkt stimmen, also ist es Ratsam, bereits im Vorraus die Wasserbedingungen über das Jahr der Natur angepasst zu haben, damit die Tiere ein Gefühl für die Jahreszeit beibehalten und ihren Biorhytmus finden.
Zu dem Zeitpunkt, an dem wir die Regenzeit simulieren wollen, sind kräftige und vor allem häufige Wasserwechsel und eine Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit angesagt. Wenige Tage darauf wird das Futterangebot korrigiert, es wird verstärkt eiweissreiche Kost gegeben, zum Beispiel Schnecken- und Muschelfleisch, Tubifex, Fliegenmaden, Mückenlarven usw. und die Futtermenge wird erhöht. Jetzt wird es spannend, denn an dieser Stelle kommt die Wanderung....

In vielen Berichten wird nun eine massive Umgestaltung des Lebensraumes (hervorgerufen durch zumeist private Gründe des Aquarianers) vorgenommen : das Becken wird Umzugsbedingt ausgeräumt oder durch ein viel größeres Aquarium ersetzt, der Standort wurde verändert, die Bepflanzung und Einrichtung wurde angepasset etc... eines haben all diese Berichte bisher gemeinsam : Zum Jahreswechsel wurde das Habitat der Schmerlen massiv verändert, was meiner Meinung nach in Verbindung mit einem Wasserwechsel und eventuell einer Stressphase für die Fische durch den Vorgang des Umsetzens bzw. das Herausfangen eine lange, anstrengende Laichwanderung gut simuliert.

Würde ich einen Versuch wagen, dann würde ich hier ein zweites, von den Abmaßen her größeres Becken parallel laufen lassen, das von der Einrichtung her ähnlich bestückt ist, allerdings mit dem Unterschied, das ich hier die Strömung stark drosseln würde und den Boden dicht mit Blättern und losen Zweigen, Wurzeln und Steinen bedeckt halten würde. Die Wasserzufuhr käme an einer Stelle von oben auf die Wasseroberfläche plätschernd, ähnlich der Brause einer Giesskanne und die Beleuchtung wäre gedämpfter, um den Wolkenbehangenen Himmel zu simulieren. Vor dem Umsetzen würde ich in diesem Becken einen 80%igen Wasserwechsel vornehmen und weiterhin grosszügig eiweissreiche Kost (Lebendfutter) einbringen. Umsetzen würde ich weniger zimperlich als sonst üblich, die Fische dürfen sich ruhig ein wenig bewegen, bevor sie ihr neues Zuhause beziehen sollen. Sind Wassertemperatur und Fischverträglichkeit des neuen Beckens angepasst, würde ich die Fische ohne große Umstände einfach in das neue Becken einsetzen, auf eine langsame Angleichung der Wasserwerte würde ich hier zu Gunsten der kräftigen Stimulation verzichten - die Tiere sind ohnehin an die vorhandenen Frischwassereigenheiten angepasst, mit denen seit jeher der Wasserwechsel vollzogen wurde.
Nun würde ich abwarten was passiert, einen täglichen 30%igen Wasserwechsel durchführen und die Tiere, abgesehen von der Fütterungszeit, (3 x täglich reichlich Lebendfutter) weitestgehend ungestört lassen.
Im Interesse der Wissenschaft wäre es natürlich schön, das Ganze über eine SW-Kamera aufzuzeichnen um spätere Erfolge besser dokumentieren zu können.

Die Auswertung:
Ohne eine anschließende Auswertung der Ereignisse ist jeder Zuchtverzuch - egal ob erfolgreich oder erfolglos - ohne Nutzen. Eine genaue Beobachtung und Aufzeichnung gibt uns die Möglichkeit, nachträglich Fehler zu erkennen, zu beseitigen und die Probleme zu diskutieren und somit dem Ziel einen Schritt näher zu kommen.
Seit den siebzieger Jahren ist die Prachtschmerle der Aquaristik ein Begriff und wird regelmäßig importiert, und noch immer ist so wenig über ihr Verhalten bekannt - das schreit geradezu nach einem genauen Studium dieser Tiere!

Jeder kann durch seine Beobachtung und vor allem durch Gespräche über diese Beobachtungen im Kreis der Aquarianer dazu beitragen, vielleicht eines der Geheimnisse über die Fortpflanzung der Prachtschmerle Botia macracanthus zu lüften, sei es hier im Forum, in einer der NewsGroups oder einer der vielen anderen Institutionen, die sich unter Anderem mit Schmerlen beschäftigen...

Bisherige gelungene Ablaichvorgänge/ Nachzuchten:
Name Jahr Art Besonderheiten
Nicole Bura Juni 2000 Botia macracanthus Im Mai 2000 habe ich 3 Botia macracanthus zusammen mit einem 100L AQ geschenkt bekommen. Zu Anfang wusste ich gar nichts über diese Fische, aber da ich sie so interessant fand, habe ich mich intensiver mit ihnen beschäftigt. Im Juni 2000 kam es zu einer Zufallszucht und 2 kleine PS überlebten.
Nicole Bura Februar 2002 Botia macracanthus Zwischenzeitlich sind meine PS, ich habe jetzt 7, immer mal wieder in größere Aquarien umgesiedelt und nach jedem Umsetzen hatte ich stets 3 Weibchen mit Laichansatz. Jetzt im Januar bin ich umgezogen und mußte das 375l Deltabecken natürlich komplett leeren. Ich richtete es in der neuen Wohnung wieder neu ein. Es kamen Steinaufbauten hinzu aus Lavatuffgestein und Steinholz. Ich baute zusätzlich einen Fluval 4 Innenfilter ein, um etwas Strömung zu erzeugen. Mit selbstgemachtem Futter aus Muschelfleisch, entkapselten Artemien und Spinat, zusätzlich Lebendfutter begann ich die PS zum laichen zu stimulieren, was mir auch geglückt ist und nun haben sie seit ca. 2 Wochen Nachwuchs.
Georg Schwab Dezember 2002 Botia macracanthus Ich habe in den letzten Tagen etwas beobachtet (...) das meine größte Schmerle einen deutlichen runden Bauch bekommen hat .Zuerst dachte ich, sie hat nur viel Mückenlarven gefressen, aber der Bauch ist nun schon so ca. 3-4 Tage da. Meine Vermutung wäre nun, das sie voller Laich ist. Zudem habe ich noch etwas anderes bemerkt, was gleichzeitig auch meine Frage ist: drei von den anderen Schmerlen haben am Schnauzenrücken so weiße Pünktchen bekommen. Nekommen männliche Prachtschmerlen einen Laichausschlag? (anm.Webmaster: JA, *freu*! Text wird noch ergänzt...)
Vielen Dank an alle, die mir mit ihren Berichten über ihre Beobachtungen bei der Paarung, Eiablage und Aufzucht der Jungtiere wertvolle Informationen haben zukommen lassen !